Richtfest für Labor- und Bürogebäude am künftigen Centrum für Fundamentale Physik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Das neue Centrum für fundamentale Physik (CFP) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) wächst weiter kräftig - sowohl unterirdisch als auch in die Höhe: Am 4. Oktober wurde das Richtfest für das viergeschossige Labor- und Bürogebäude CFP II gefeiert. Mit mehreren Forschungslaboren, einer zweigeschossigen Montagehalle sowie Seminar- und Konferenzräumen mit insgesamt rund 3.540 Quadratmetern bildet CFP II das oberirdische Gegenstück zum Um- und Erweiterungsbau der unterirdischen Experimentierhallen (CFP I), wo künftig der neue Elektronenbeschleuniger MESA betrieben wird.
Das Bild zeigt (von links) Holger Basten, Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB, Prof. Dr. Volker Büscher vom Institut für Physik, Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen, JGU-Kanzlerin Dr. Waltraud Kreutz-Gers und Wissenschaftsminister Clemens Hoch vor dem eingerüsteten Forschungsneubau.
(von links) Holger Basten, Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB, Prof. Dr. Volker Büscher vom Institut für Physik, Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen, JGU-Kanzlerin Dr. Waltraud Kreutz-Gers und Wissenschaftsminister Clemens Hoch
Das Bild zeigt den Forschungsneubau aus der Vogelperspektive.
Forschungsneubau aus der Vogelperspektive
Das Bild zeigt eine Innenansicht des Rohbaus.
Innenansicht Rohbau

MAINZ -  Rund 75 Mio. Euro investieren Land und Bund in ein leistungsfähiges bauliches Umfeld für die Spitzenforschung des mit Bundesmitteln geförderten Exzellenzclusters PRISMA+ (Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter) auf dem Gebiet der Teilchen- und Hadronenphysik – zum Beispiel zur Erforschung der dunklen Materie, auf deren Eigenschaften bisher nur indirekt Rückschlüsse gezogen werden können. Grußworte zum traditionellen Hissen des Richtkranzes am Laborneubau sprachen Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen, Wissenschaftsminister Clemens Hoch, JGU-Kanzlerin Dr. Waltraud Kreutz-Gers, Prof. Dr. Volker Büscher vom Institut für Physik und Holger Basten, Geschäftsführer des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung, dessen Niederlassung Mainz das Bauprojekt steuert. Die bauliche Übergabe des Gebäudes an die Johannes Gutenberg-Universität ist für Sommer 2023 geplant.

„Das heutige Richtfest ist der Beginn eines neuen Zeitabschnitts für die Kernphysik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und die beachtenswerte Spitzenforschung der Physikerinnen und Physiker. Der Bau schafft maßgeschneiderte Rahmenbedingungen für anspruchsvolle Forschungszwecke und den Einsatz hochkomplexer Großgeräte. Das Land investiert in großem Umfang in innovative Hochschulgebäude mit höchsten Standards. Hier in Mainz bauen wir gerade zeitgleich den 2. Bauabschnitt der Hochschule, das CFP und einen Neubau für die Kernchemie und investieren allein in diese drei Baumaßnahmen rund 180 Millionen Euro“, sagte Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen.

„Im Forschungsgebäude ‚Centrum für fundamentale Physik‘ (CFP) materialisiert sich ein hoch ambitioniertes Forschungsprogramm und zugleich ist der Forschungsbau das Ergebnis einer vielfältigen Forschungsförderung mit langem Atem“, so Wissenschaftsminister Clemens Hoch. „Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist seit langem als herausragender, national und international angesehener Standort in der Kern-, Teilchen- und Hadronenphysik sowie im Detektorbau und den damit verbundenen Forschungsfeldern bekannt. Die am Forschungsprogramm beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind international hervorragend ausgewiesen. Als Infrastruktur bietet der Forschungsbau neue Möglichkeiten, die Erforschung der dunklen Materie und die Suche nach „neuer Physik“ voranzutreiben. Die Landesregierung leistet dazu ihren Beitrag, indem sie gute Rahmenbedingungen und Strukturen für Spitzenforschung schafft.“

Der Labor- und Büroneubau CFP II ist komplementär zum Teilprojekt CFP I, das den Umbau und die Erweiterung der bestehenden unterirdischen Experimentierhallen zur Unterbringung des neuen innovativen Elektronenbeschleunigers MESA (Mainz Energy-Recovering Superconducting Accelerator) umfasst. Planerisch galt es, den Labor- und Büroneubau CFP II auf dem stark begrenzten Raum zwischen den bestehenden Gebäuden der Kernphysik und dem Helmholtz-Institut Mainz sinnvoll unterzubringen. Der Neubau mit einer Länge von 56 Metern, 31 Metern Breite und 23 Metern Höhe nutzt die vorherige Freifläche am Staudingerweg gegenüber dem Institut für Physik optimal. 

Im Exzellenzcluster PRISMA+, das von Bund und Land im Rahmen der Exzellenzstrategie gefördert wird, forschen international renommierte Arbeitsgruppen der Institute für Physik und Kernphysik, des Departments Chemie der JGU und des Helmholtz-Instituts Mainz. In diesen Teams arbeiten über 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Karrierestufen eng zusammen. Mit ihrer international viel beachteten Forschung tragen sie dazu bei, wichtige Antworten auf grundlegende Fragen nach der Struktur der Materie und den fundamentalen Kräften im Universum zu geben.

Der Neubau CFP II beherbergt Büros und Speziallabore für sechs neue Arbeitsgruppen und das PRISMA Detektorlabor sowie Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler aus den Forschungsschwerpunkten Neutrinophysik, Astroteilchenphysik, dunkle Materie, Präzisionsphysik bei niedrigen Energien und Beschleunigerphysik. Hinzu kommen ein multifunktionaler Konferenzbereich für das Mainz Institute for Theoretical Physics (MITP) sowie Büroflächen für die Verwaltung des Excellenzclusters.

„Das CFP mit seinen beiden komplementären Gebäudeteilen bildet den baulichen Rahmen für zentrale Projekte des PRISMA+-Forschungsprogramms – insbesondere die Durchführung von Präzisionsexperimenten mit dem neuen Beschleuniger MESA und die Erforschung des schwach wechselwirkenden Universums. Durch den Neubau bietet die JGU auch weiterhin infrastrukturell modernste Forschungsbedingungen“, erklärt Dr. Waltraud Kreutz-Gers, Kanzlerin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Wir danken dem Land Rheinland-Pfalz für seine Investition und sein Engagement in diesem technisch sehr anspruchsvollen Bauprojekt.“

„Das CFP II wird insbesondere auch Speziallabore für die Detektorentwicklung beherbergen, einschließlich Reinraum und Montagehalle für den Zusammenbau großer Detektorkomponenten", erläutert Prof. Dr. Volker Büscher, Professor am Institut für Physik und Baubeauftragter des CFP II. „Dies ist deshalb wichtig, da sowohl die Erforschung der mysteriösen dunklen Materie, der geheimnisvollen Neutrinos und anderer sehr schwach wechsel-wirkender Teilchen als auch das MESA-Forschungsprogramm die Beherrschung und Weiterentwicklung anspruchsvoller Techniken in der Teilchendetektion erfordern.  All dies wird durch unser PRISMA Detektorlabor sichergestellt, welches im CFP II ideale Forschungs- und Entwicklungsbedingungen vorfinden wird."

Die technischen und baulichen Eigenschaften der verschiedenen Gebäude im Centrum für Fundamentale Physik stellen besondere Herausforderungen an die Fachingenieure im Landesbetrieb LBB und das von ihm beauftragte Planungsbüro DGI Bauwerk (Berlin), das als Generalplaner agiert. Gemäß den Bedürfnissen und Vorgaben der Nutzer werden Labor- und Büroflächen in getrennten Geschossen mit jeweils angepassten Geschosshöhen untergebracht. 

Die beauftragten Bauunternehmen realisieren einen Stahlbeton-Massivbau mit zahlreichen Spezialkonstruktionen. Beispielsweise wird die Röntgenbestrahlungseinrichtung als Forschungsbunker mit Wandstärken von 80 Zentimeter und einer Deckenstärke von 70 Zentimetern ausgeführt, alle Leitungssysteme in diesem Bereich müssen entsprechend den Strahlenschutzanforderungen durch Kabelschleusen geführt werden. Die Neutronen-Bestrahlungseinrichtung wird als Raum-in-Raum-Lösung ausgebildet. Im Bereich der Sonderlabore und ihrer Andienung müssen die Decken schwerlastgeeignet sein und erhalten entsprechende Bodenbeläge. Den Richtspruch sprach Bauleiter Heiko Wenkel vom Rohbauunternehmen Leonhard Weiss.

Holger Basten, Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB, sagte: „Der Neubau des Centrums für fundamentale Physik ist eines der zahlreichen herausfordernden Großprojekte, die der Landesbetrieb LBB aktuell auf dem Campus der JGU plant oder baut. Das neue Labor- und Bürogebäude ist nicht nur funktional, sondern auch bezogen auf den Erschütterungsschutz, die elektromagnetische Verträglichkeit, die Luftreinheit der Labore oder die minimierte Schallübertragung für die zukünftigen Forschungsaufgaben konzipiert. Erstmalig konnte der Landesbetrieb LBB ein Ausschreibungsverfahren umsetzen, das Hochbau, Dach und Fassadenarbeiten sowie den Innenausbau und die Gebäudetechnik in zwei großen Losen zusammenfasst. Dieses zeitgemäße, aufwands- und risikominimierte Verfahren soll zukünftig verstärkt zur Anwendung im Hochschulbau kommen.“

Die Sonderlabore liegen im Untergeschoss, Erdgeschoss und 1. Obergeschoss, wobei sich in der Gebäudemitte tageslichtunabhängige Labore und Dunkellabore befinden. Die 400 Quadratmeter umfassende Schwerlast-Montagehalle erstreckt sich über Erdgeschoss und 1. Obergeschoss. Sie enthält flexibel installierte Reinraumbereiche mit partikel-filternder Belüftung und konstanten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerten. Die Halle bietet Raum zur Fertigung großer Detektoreinheiten für Beschleuniger-Experimente. Sie verfügt über eine eingebaute Krananlage und eine Lkw-Einfahrt, um die Forschungsgeräte zu den unterirdischen Experimentierhallen zu transportieren. Die Montagehalle ruht separat auf bis zu 20 Meter tiefen Bohrpfählen. Um die Forschungsgeräte annähernd schwingungsfrei zu lagern, wurden Halle und Krananlage umfangreich von der übrigen Baukonstruktion entkoppelt.

Oberhalb der Labore im, 2. und 3. Obergeschoss, befinden sich Büros für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Besprechungs- und Kommunikationsräumen, einer Teeküche und einem begehbaren Lichthof. Der Konferenzbereich erstreckt sich in der Höhe über zwei Geschosse. Er bietet bis zu 160 Personen Platz, ist aber mit schalldämmenden mobilen Trennwänden mehrfach teilbar. Vor dem Konferenzbereich befindet sich ein Foyer, das direkt vom Haupteingang aus über Aufzüge und einen repräsentativen Treppenraum erreichbar ist. Die Fassade präsentiert sich als hinterlüftete Stahlbetonkonstruktion mit vorgemauerten Ziegeln – eine optisch ansprechende, hoch wärmedämmende und besonders langlebige Ausführung. Großzügige Fensterflächen erhalten das Foyer, der Konferenzbereich und die Montagehalle. Das 4. Oberschoss beherbergt die Technikzentrale. Es wird zur Reduktion der Eigenlasten in Stahlbauweise ausgeführt und erhält eine hinterlüftete Metallverkleidung aus witterungsbeständigem Profilblech (Trapezblech).  

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