Die Sieger im Architekturwettbewerb für das neue Amtsgericht Bitburg stehen fest

Gewinner des Architekturwettbewerbs für den Neubau des Amtsgerichts Bitburg ist das Büro hammeskrause architekten aus Stuttgart. Das gab der auslobende Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung bei der Präsentation der drei preisgekrönten Entwürfe im Gebäude des Amtsgerichts bekannt. Die erstplatzierte Arbeit überzeugte das Preisgericht durch die Leichtigkeit des Gebäude-Ausdrucks und die Erfüllung der anspruchsvollen Zielvorgaben an die Nachhaltigkeit des Gebäudes, die in Teilbereichen sogar übertroffen werden. Insgesamt waren 19 Entwürfe im Rennen.

Bitburg. Zur Vorstellung des Wettbewerbsergebnisses im Rahmen einer Pressekonferenz hieß die Direktorin des Amtsgerichts Claudia Stadler die Anwesenden im vertrauten Gebäude in der Gerichtsstraße willkommen. Der Neubau für das Amtsgericht mit seinen rund 50 Beschäftigten soll in der Brodenheckstraße 13 entstehen. Das dort leerstehende Gebäude des ehemaligen Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) wird zurückgebaut. Der Neubau soll knapp 2000 Quadratmeter Nutzfläche (gerechnet ohne Flure, Sanitär- und Technikräume) bieten und darf maximal dieselbe Grundfläche beanspruchen wie das alte DLR. 

Mit der Vorschaltung des Wettbewerbs will das Land die architektonische Qualität für den zentrumsnahen Standort sicherstellen und eine hohe Nachhaltigkeit des Gebäudes erreichen. Der erste Preis ist mit 20.800 Euro dotiert.

„Erstmalig hat der Landesbetrieb LBB bereits in dieser frühen Planungsphase messbare und verbindliche Kriterien festgelegt, die in den nachfolgenden Planungs- und Realisierungsschritten das Erreichen des Goldstandards sicherstellen“, sagte Holger Basten, Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB. Dabei kommen nicht nur einzelne Kriterien wie ein niedriger Energieverbrauch oder größtmögliche Fotovoltaikflächen zum Tragen. Vielmehr werden, aufbauend auf einem wirtschaftlichen Entwurf mit hoher architektonischer  Qualität, anhand eines umfassenden Kriterienkatalogs Einzelpunkte der ökologischen und ökonomischen Qualität über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes, wichtige funktionale Kriterien wie die Barrierefreiheit, besondere technische Qualitäten, aber auch  die effiziente Planungs- und Bauphase selbst bewertet.  

Basten weiter: „Nur, wenn in allen Bereichen eine hohe Bewertung erfolgt, können die beauftragten Architekten und Ingenieure die Qualitätsstufe Gold nach dem Bewertungssystem nachhaltiges Bauen erreichen. Damit kann dieser Neubau eine Vorbildfunktion im Rahmen der Klimaziele einnehmen. Er ist auch ein erfolgreicher Test für die zukünftige Integration der Nachhaltigkeit in allen Wettbewerbsverfahren des Landes.“   
   
Für Neubauprojekte des Bundes ist der Nachhaltigkeitsstandard und eine BNB-Zertifizierung in Silber verbindlich. Rheinland-Pfalz geht da einen Schritt weiter. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat den wirkungsvolleren Goldstandard für die großen Neubau- und Sanierungsprojekte im Landesbau beschlossen. Schon bisher erreichten ausgewählte Landesbauprojekte den zweithöchsten BNB-Standard Silber.  

„Das Land Rheinland-Pfalz hat sich mit dem Klimaschutzgesetz und insbesondere mit dem aktuellen Regierungsbeschluss zur ‚Klimaneutralität in Landesliegenschaften‘ eine ambitionierte Agenda gegeben“, sagte Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen und fuhr  fort: „Im Rahmen dieser Selbstverpflichtung wollen wir nachhaltiges und klimaangepasstes Bauen und Sanieren vorbildhaft und auf höchstem Standard in unserem Liegenschaftsbestand und bei den Baumaßnahmen des Landes umsetzen. Der Architekturwett- bewerb zum Neubau des Amtsgerichtes Bitburg ist dabei ein wichtiger Baustein. Er zeigt, dass der Staatsbau in Rheinland-Pfalz seiner Vorbildfunktion auf dem Weg zu einer klimaneutralen Landesverwaltung nachkommt und der Prozess ab dem ersten Planungsschritt fachkundig fundiert umgesetzt wird. Der Architekturwettbewerb belegt auch, dass Baukultur und unsere ambitionierten Nachhaltigkeitsziele Hand in Hand gehen. Die präsentierten architektonischen Lösungen sind in der Lage, die Würde und Tradition eines Justizgebäudes mit einer nachhaltigen und ökologischen Haltung zu vereinen. Sowohl der Landesbetrieb LBB als auch der deutschlandweite Teilnehmerkreis der  Architekturbüros können Antworten zum Klimaschutz geben und sind fachkompetent und stark aufgestellt.“ 

Konkret schreibt die Wettbewerbsauslobung für die Planung effiziente Heizsysteme für  niedrigen Energieverbrauch, größtmögliche Fotovoltaik-Flächen und ergänzend Gründächer vor. Form und Ausrichtung des Gebäudes sollen sommerliche Überhitzung und Wärmeverluste im Winter reduzieren, der Anteil der Fenster an den Fassadenflächen ist auf maximal 50 Prozent begrenzt. Bei der Wahl der Baumaterialien ist, wo immer möglich, auf eine ressourcenschonende Herstellung, die Verwendung nachwachsender Rohstoffe und  Langlebigkeit zu achten.   

Prof. Kerstin Molter, stellvertretende Vorsitzende des Preisgerichts, sagte: „Der mit dem ersten Preis gewürdigte Beitrag, ein dreigeschossiger pavillonartiger Solitär in einem parkähnlichen Garten, kommuniziert eine große Offenheit und glaubhaft eine dem Zeitgeist verpflichtete Nachhaltigkeit. Die Leichtigkeit des Gebäudeausdrucks findet seine Entsprechung im Innern: Die qualitätvoll gestalteten, den Sicherheitsaspekten entsprechenden Räume lassen eine gute, angenehme Nutzbarkeit erwarten. Bezüglich des Außenraums und der Architektur überzeugt der Beitrag mit einem sehr guten Nachhaltigkeitspotenzial. Den Verfassern ist es gelungen, einen zeitgemäßen und gleichsam würdigen Beitrag für ein Amtsgericht zu schaffen, in dem der unmittelbare Kontakt zu den Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zentral steht. Insgesamt war die Vielfalt und Qualität der Wettbewerbsbeiträge beeindruckend. Die geforderten Nachhaltigkeitsziele führten im Schwerpunkt zu ökologisch anspruchsvollen, ökonomisch angemessenen und soziokulturell reichen Entwürfen.“  

Vom Büro hammeskrause architekten, dessen Entwurf den ersten Preis gewann, war Nils Krause nach Bitburg gekommen: „Wir freuen uns sehr, dass wir uns mit diesem differenzierten Architektur- und Gebäudekonzept für die Planung dieser außerordentlichen  Bauaufgabe qualifiziert haben. Uns verbindet viel mit Bitburg. Umso mehr freuen wir uns  auf die Zusammenarbeit mit Ihnen, um gemeinsam aus dieser Idee einen lebendigen und zeitgemäßen Organismus der Demokratie werden zu lassen. Die Herausforderung, vor die uns hierbei der ganzheitliche Ansatz der Nachhaltigkeit stellt, nehmen wir gerne  an.“ 

Den mit 13.000 Euro dotierten zweiten Preis vergab die Jury an das Büro pier7 in Düsseldorf. Der Entwurf zeigt ein kompaktes dreigeschossiges Gebäude, das sich selbstbewusst in der Mitte des Grundstücks erhebt. Es ist umgeben von großzügigen Freiflächen mit viel Grün, auch bei den Kfz-Stellplätzen, und mit einem Garten im Osten. Ein mit Glas gedecktes Atrium zieht sich durch alle Geschosse und bringt Tageslicht zu den innenliegenden Büros und in den Wartebereich des Foyers. Außerdem schreibt das Preis- gericht: „Ein ganzheitlich entwickeltes Lüftungs- und Belichtungskonzept kann zu behaglichen Raumkonditionen führen.“    

Den dritten Preis (7.800 Euro) erhält das Büro Bez + Kock Architekten in Stuttgart. Kennzeichnend für seinen Entwurf ist ein großzügiger begrünter Innenhof zwischen den drei U-förmig angeordneten Gebäudeflügeln. Man betritt ihn durch einen markanten Arkadengang direkt an der Straße und gelangt vom Hof aus gesammelt in das eigentliche  Foyer. Der Arkadenhof „ist ein Ort des Diskurses vor dem Haus, aber man steht eben nicht ,auf der Straße‘“, so die Beurteilung des Preisgerichts.  

Justizminister Herbert Mertin sagte: „Mit dem heutigen Ergebnis des Wettbewerbs bin ich hochzufrieden – es ist das erste Mal, dass Rheinland-Pfalz einen derartigen Wettbewerb zur Errichtung eines Justizgebäudes durchgeführt hat. Damit betont das Land auch  die besondere Bedeutung und Stellung der Justiz als dritte Gewalt in unserem Staat. Neben einer ansprechenden Architektur und Aspekten der Nachhaltigkeit spielt eine gesunde und motivierende Arbeitsumgebung für die Erfüllung der vielfältigen Aufgaben eines Amtsgerichts eine besondere Rolle. Dem wird der Entwurf hervorragend gerecht. Den weiteren Planungsschritten und der hoffentlich zügigen Realisierung des Baus blicke  ich mit Spannung entgegen." 

Im weiteren Verfahren führt der Landesbetrieb LBB entsprechend der Vergabeverordnung für öffentliche Aufträge Verhandlungsgespräche mit allen drei Preisträgern, bevor der Auftrag für die weitere vertiefende Planung bis hin zur rechtlich erforderlichen Genehmigungsplanung (Haushaltsunterlage-Bau) vergeben wird. Die beste Ausgangsbasis  hat der erste Preisträger, denn das Wettbewerbsergebnis fällt mit 50 Prozent am stärksten ins Gewicht. Weitere Zuschlagskriterien sind unter anderem die Nachhaltigkeit des  Gebäudes und die Wirtschaftlichkeit des Honorarangebots. 

Die geschätzten Bauwerkskosten für die Gebäudekonstruktion und die technische Infrastruktur betragen ca. 7,7 Mio. Euro brutto, zuzüglich der Baunebenkosten für Planungs- und Steuerungsleistungen und der Kosten für das Herrichten und Erschließen des Grundstücks und für die Außenanlagen.

Joachim Kandels, Bürgermeister der Stadt Bitburg und Mitglied des Preisrichtergremiums, sagte: „Die Stadt Bitburg hat in der jüngsten Vergangenheit mit den Auslobungen  von Architekturwettbewerben für die flankierenden Plätze im Rahmen der Sanierung der  Innenstadt sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich begrüße es daher sehr, dass mit dem Amtsgericht nun ein Neubau in Bitburg nach Architekturwettbewerb entsteht. Darüber hinaus sind weitere Wettbewerbe für gleich drei städtische Projekte aktuell in Vorberei-
tung: der Neubau des Parkhauses am Annenhof, die Erweiterung der Grundschule Bitburg-Süd, sowie der Neubau einer Feuerwache mit Katastrophenschutzzentrum.“ 

Die Entscheidung für den Neubau hatte das Land Rheinland-Pfalz nach umfangreichen Untersuchungen getroffen. Eine Sanierung des heutigen Gerichtsgebäudes von 1931 erwies sich als ebenso unwirtschaftlich wie eine Sanierung der 1953 fertiggestellten ehemaligen Landwirtschaftsschule, später Sitz des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum, in der Brodenheckstraße.  

Insgesamt wurden 19 Entwürfe eingereicht, die alle die Vorprüfung zur Aufnahme in den  Wettbewerb bestanden. Dem elf Mitglieder umfassenden Preisgericht gehörten sieben freiberufliche Architektinnen und Architekten sowie fach- und sachkundige Vertreterinnen und Vertreter der Justiz, der Bitburger Stadtverwaltung und des Landesbetriebs LBB  an. 

Neben der Preisvergabe wurden drei gleichwertige Anerkennungen ausgesprochen. Die  Dotation von insgesamt 10.400 Euro geht zu gleichen Teilen an die Büros Eichler Architekten (Alzey), Harder Stumpfl Schramm (Stuttgart) und GMS Architekten aus Isny im Allgäu.

Ausstellung  
Die Ausstellung der Arbeiten findet wegen der Corona-Pandemie ausschließlich digital  auf der Homepage des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung statt:  
lbb.rlp.de/de/lbb/architekturwettbewerbe/

Zusatzinformation:   

Bewertungssystem BNB 
Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) wurde 2011 vom Bund zunächst für seine öffentlichen Büro- und Verwaltungsneubauten verbindlich eingeführt. Später kamen Labor- und Unterrichtsgebäude hinzu. Bewertet wird die Qualität der Nachhaltigkeit  von Gebäuden, beginnend mit der Planung über die Bauphase, die Gebäudenutzung, Wartung und Instandhaltung bis zum Rückbau.   
Dafür wird eine Vielzahl von Werten erhoben und nach einem Punktesystem bewertet. Maximal 100 Punkte sind erreichbar, ab 80 Punkten vergeben die BNB-Prüfstellen das Zertifikat in Gold. Für die Gesamtbewertung zählen jeweils zu 22,5 Prozent: ökologische Qualität (Schonung von Klima, Wasser, Flächen, Primärenergiequellen), ökonomische Qualität (Baukosten, prognostizierte Betriebs- und Instandhaltungskosten während 50 Jahren Nutzungsdauer), sozio-kulturelle und funktionale Qualität (Gesundheit, Behaglichkeit, Nutzerzufriedenheit, Barrierefreiheit, einfache Umnutzbarkeit) und technische Qualität (Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit, Rückbaubarkeit, Recyclingfreundlichkeit). 
Mit 10 Prozent fließt ein, wie nachhaltig die Planungs- und Bauphase selbst konzipiert ist (Prozessqualität).  
Auch Bundesländer und Kommunen können ihre Gebäude durch BNB-Prüfstellen zertifizieren lassen. Baumaßnahmen der Privatwirtschaft können sich freiwillig am „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ des Bundes orientieren, auf dem das BNB-System aufbaut.