Neubau Amtsgericht Bitburg
ENTSCHEIDUNG
Nicht offener hochbaulicher Realisierungswettbewerb
vertreten durch das Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz
vertreten durch den Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung – Niederlassung Trier-
vertreten durch die Niederlassungsleitung
Das Amtsgericht Bitburg ist als eines von acht Amtsgerichten im Landgerichtsbezirk Trier mit ca. 50 Mitarbeiter/innen für die Bearbeitung von Betreuungs-, Familien-, Grundbuch-, Insolvenz-, Nachlass-, Straf-, Zivil- und Zwangsvollstreckungssachen zuständig.
Bahnhofstraße 23
55218 Ingelheim
Fachpreisrichter/innen:
Brigitte Coen, Architektin, LBB Trier
Prof. Ulrich Hamann, Architekt, Kaiserslautern
Martin Haas, Architekt, Stuttgart
Prof. Johannes Kister, Architekt, Köln
Prof. Ulrike Lauber, Architektin, München
Prof. Kerstin Molter, Architektin, Kaiserslautern
Stellvertretende Fachpreisrichter/innen:
Gregor Bäumle, Architekt und Stadtplaner, Darmstadt (ständig anwesend)
Robert Plail, Architekt und Stadtplaner, LBB Zentrale Mainz (ständig anwesend)
Kilian Schmitz-Hübsch, Architekt, Bingen (nicht ständig anwesend)
Sachpreisrichter/innen:
RR Marco Lüttger, Ministerium der Justiz
Dr. Manfred Grüter, Präsident des Landgerichts Trier
Claudia Stadler, Direktorin des Amtsgerichts Bitburg
Joachim Kandels, Bürgermeister der Stadt Bitburg
Berthold Steffes, Leiter Stadtbauamt Bitburg
Stellvertretende Sachpreisrichter/innen:
MR Günter Müller, Ministerium der Justiz
JRR Alfred Löbuscher, Landgericht Trier
JA Hermann Weber, Geschäftsleiter des Amtsgerichts Bitburg
Sachverständige (ohne Stimmrecht)
Markus Hadamik, Leiter CC Energiemanagement, LBB
Horst Kerth, Immobilienmanagement, LBB
Kristina Knapp, stellv. Leiterin Sparte Grundsatz, LBB, BNB-Koordinatorin
Petra Wiwie, Projektleiterin Sparte Hochbau, LBB, BNB-Koordinatorin
Florian Zentgraf, Leiter CC Brandschutz, LBB
Alexander Schladt, Justizinspektor Oberlandesgericht Koblenz
Helmut Fink, Architekt, Baukultur Eifel
Der Auslober behält sich vor, weitere Sachverständige hinzuzuziehen.
1. Platz - hammeskrause architekten part.ges. mbB, Stuttgart
Der dreigeschossige Neubau des Amtsgerichts positioniert sich als Solitär pavillonartig im Stadtraum. Auf der Südseite wird ein Platz angeboten, der vom öffentlichen Straßenraum selbstverständlich zum Eingang führt. Die Außenanlagen zitieren das Grün der Bürgergärten. Der Vorplatz bietet sich als kurzfristige Warte- und Kommunikationszone an und ist wie die Stellplätze eingebettet im Garten. Insgesamt kommuniziert das Gebäude eine große Offenheit und glaubhaft einer dem Zeitgeist verpflichteten Nachhaltigkeit. Die Leichtigkeit des Gebäudeausdrucks findet seine Entsprechung im Innern des Gebäudes. Ein großer Lichthof versorgt die Räume großzügig mit natürlichem Licht.
Im Erdgeschoss sind alle Sitzungsräume geschützt um diesen Hof angeordnet, belüftet und belichtet. Jedoch sind die Wartezonen für die Sitzungsräume zu klein ausgebildet und die geforderten Wegebeziehungen zwischen den Vorführzellen und dem großem Sitzungsaal fehlen. Die Erschließung der Vorführzellen mittels Aufzug aus dem Untergeschoss ist nicht möglich. Die Orientierung im Gebäude ist denkbar einfach gelöst, öffentliche Innenräume nahe zum öffentlichen Raum der Stadt und interne Bereiche abgehoben davon. Das Herzstück, der große Sitzungssaal, assoziativ am stärksten auf das Gerichtsgebäude verweisend liegt im Erdgeschoss, die Serviceeinheiten liegen im 1. Obergeschoss und die Büroräume der Mitarbeiter im 2. Obergeschoss. Die unterschiedlichen Eingänge für Besucher, Mitarbeiter und der Liefereingang bzw. Zugang für die Gefangenen werden geschickt um das Gebäude zugeordnet, sodass die Herausforderung kreuzungsfreier Wege für unterschiedliche Nutzergruppen des Gebäudes zu schaffen, gut gelöst scheint.
Bezüglich des Außenraums und der Architektur überzeugt der Beitrag mit einem sehr guten Nachhaltigkeitspotential. Das Gebäude hat sogar einen kleineren als geforderten/anvisierten Footprint und ein gutes A/V Verhältnis. Niedrige Energiebedarfe sind aufgrund der Gebäudegeometrie zu erwarten, wenn gleich die Lebenszykluskosten hinsichtlich der Herstellungskosten und Nutzungskosten überdurchschnittlich zu erwarten sind. Die Primärkonstruktion als Holzskelettbau mit Holz-Beton-Verbunddecken ist ebenso ein nachhaltiger Beitrag. Die energetisch aktivierte Doppelfassade gewinnt Energie, wirkt als Luftkollektor und als Schutz der Primärkonstruktion und des Sonnenschutzes, ist jedoch sehr aufwändig. Aufwand und Nutzen müssen intensiv abgewogen werden.
Insgesamt ist es den Verfassern gelungen einen zeitgemäßen Beitrag für ein Amtsgericht zu schaffen, in dem der unmittelbare Kontakt zu den Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zentral steht.
Nachhaltigkeit Durch die konsequent vorgesehene Hybridkonstruktion und der sehr kompakte Baukörper lassen geringe Energiebedarfe und hohe ökologische Qualitäten erwarten. Die Flächeneffizienz wird positiv beurteilt. Der geringe Versieglungsgrad des Grundstücks wird begrüßt. Der Entwurf weist insgesamt ein hohes Nachhaltigkeitspotential auf.
2. Platz - pier7 architekten GmbH, Düsseldorf
© pier7 architekten GmbH, Düsseldorf
Der klar ausformulierte dreigeschossige Kubus in der Flucht der nachbarschaftlichen Bebauung besetzt selbstbewusst und mittig das Baufeld. Durch den relativ kleinen Fußabdruck des kompakten Gebäudes entstehen große Freiräume, die insbesondere mit dem maßstäblich angemessenen Vorplatz, der durch den eingerückten Eingang sehr gut in das Gebäude lenkt, sowie dem qualitätsvollen Garten im ruhigen Osten des Areals überzeugen können. Die im Norden und Süden angelagerten Parkierungsflächen sind gut durchgrünt, der Gefangenentransport funktioniert sehr gut, allerdings wird die bauliche Fassung gestalterisch kritisiert. Die Eingangssituation mit getrennten Zugängen von Mitarbeiter und Besucher ist gut, das anschließende Foyer ist knapp und recht angemessen dimensioniert.
Eine repräsentative Treppe im Atrium gibt es entsprechend leider nicht, Besuchern und Mitarbeiter stehen nur zwei relativ große notwendige Treppenhäuser zur Verfügung. Die Lage des Personenaufzugs ist sehr versteckt, nicht wie wünschenswert, direkt im öffentlichen Bereich. Alle Säle befinden sich im Erdgeschoss, die Wartebereiche im Inneren sind gut ausformuliert und dimensioniert. Ein Glas gedecktes Atrium zieht sich durch alle Ebenen und bringt sowohl Licht in der Wartebereich des Foyers als auch eine angenehme Auflockerung der Bürobereiche. Die Erschließung der Obergeschosse ist klar und logisch und führt zu angenehmen Aufenthalts-bereichen und belichteten Fluren. Die vorgeschlagene Hybridkonstruktion mit Stahlbetonskelett mit Holzfassade wird als Konzept gewürdigt. Die Fassade soll auf den oberen Ebenen als elementierte und vorgefertigte Holzkonstruktion ausgeführt werden, was zu Bedenken bezüglich der Unterhaltskosten führt. Die formale Ausarbeitung der Fassaden erscheint recht star, der Naturstein im Sockelgeschoss wurde kritisch diskutiert. Ein ganzheitlich entwickeltes Lüftungs- und Belichtungskonzept kann zu behaglichen Raumkonditionen führen. Das sehr wirtschaftliche und kompakte Konzept mit den großen Freibereichen, der sparsamen, aber trotzdem gut gestalteten Halle und mit den funktionalen Grundrissen stellt einen sehr guten Beitrag für den Neubau eines Amtsgerichts dar.
Nachhaltigkeit Die Arbeit weist ein durchschnittliches Nachhaltigkeitspotential auf. Der hohe Flächenverbrauch bedingt einen großen Ressourceneinsatz und damit geringe ökologische Qualität in der Erstellung. Das erhöhte Gebäudevolumen und die aufwändige Fassadenkonstruktion lassen überdurchschnittliche hohe Lebenszykluskosten erwarten. Ein guter thermischer Komfort in Bezug auf sommerlichen Wärmeschutz durch den geringen Fensterflächenanteil wird erwartet.
3. Platz - Bez+Kock Architekten Generalplaner GmbH, Stuttgart
© Bez+Kock Architekten Generalplaner GmbH, Stuttgart
Städtebaulich adressiert sich das Gebäude unmittelbar an der Straße. Der offene Arkadenhof schafft auf einerseits einfache, aber andererseits auch bedeutsame Weise einen Vorbereich, der einen gesammelten Zutritt zum eigentlichen Foyer ermöglicht. Er ist ein Ort des Diskurses vor dem Haus, aber man steht eben nicht "auf der Straße". Der Raumfolge des Zutritts folgt ein querliegendes Foyer, welches sich vertikal in zwei über eine Brücke geteilte innere Hallen räumlich entwickelt. Die innere Raumfigur ist funktional als Vorbereich vor den Sälen gut gelungen, allerdings wird eine angemessene, offene Treppenlösung für die Erschließung der oberen Geschosse vermisst. Strukturell klar orientieren sich die Büroräume, der den Hof umschließenden Büroflügel.
Dem Entwurf gelingt es, eine typologisch überzeugende Raumfolge aufzubauen, die den Anforderungen an ein Amtsgericht genügt. Diese sind hinreichend großzügig und auch würdig sowohl gegenüber Besuchern als auch gegenüber den Richtern und den Mitarbeitern des Amtsgerichts. Folglich setzt der Entwurf auf eine sehr ruhige Fassadenstruktur aus vertikalen Fensterrythmen, die sich in eine massive Außenwand einschneiden. Das monolithische des Dämmbetons generiert eine hohe Dauerhaftigkeit, die in Verbindung mit der wirtschaftlichen Grundstruktur ein nachhaltiges Gebäude auf lange Sicht entstehen lassen wird, auch - oder trotz - höherer Investitionskosten. Das im Durchschnitt schlechtere A/V Verhältnis wird aber wieder etwas wettgemacht durch die traditionellen Details und die glatten Fassaden ohne komplizierte Versprünge. Die Komposition aus primären Raumtypologien und einer ästhetischen Reduktion lässt ein Gebäude erwarten, was als "Amtsgericht" wahrgenommen werden kann, und dem Ort Maßstab und Orientierung gibt.
Nachhaltigkeit Der Entwurf weist insgesamt ein durchschnittliches Nachhaltigkeitspotential auf. Die geringe Flächeneffizienz und das große Gebäudevolumen sorgen für überdurchschnittlich hohe Lebenszykluskosten. Die gewählte Fassadenkonstruktion lässt einen hohen Ressourceneinsatz erwarten. Das vollflächige Gründach zur Regenwasserretention wird begrüßt. Die Konstruktion weist eine hohe Nutzungsflexibilität auf. Ein ausgewogener Fensterflächenanteil sorgt sowohl für guten thermischen Komfort, als auch für gute Tageslichtversorgung.
Anerkennungen
(in alphabetischer Reihenfolge)
Eichler Architekten GmbH, Alzey-Weinheim
Prägendes Merkmal für den Entwurf ist die Aufteilung des Raumprogramms auf zwei eigenständig wirkende Baukörper von unterschiedlicher Höhe.
GMS ARCHITEKTEN PartGmbH, Isny im Allgäu
Der Baukörper lässt aufgrund seiner Kompaktheit große Flächen frei, auch für einen großzügigen Garten für die Mitarbeiter, und birgt ein hohes Nachhaltigkeitspotenzial.
H III S, harder stumpfl schramm, freie architekten, Part mbB, Stuttgart
Das dreigeschossige, kompakte Gebäude folgt einem klaren Ordnungsprinzip und bietet im Innenraum gute Orientierung sowie viel natürliche Belichtung.
Weitere Wettbewerbsbeiträge
(in alphabetischer Reihenfolge)
© ARGE LAN Architecture + BeL Sozietät für Architektur BDA, Köln
© AV1 Architekten GmbH, Kaiserslautern
© BAURCONSULT Architekten Ingenieure, Haßfurt
© Camps Felip Arquitecturia SLP
© Ferdinand Heide Architekt Planungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main
© FLOSUNDK architektur + urbanistik GmbH, Saarbrücken
© jesse hofmayr werner Architekten BDA, München
© KohlmayerOberst Architekten, Stuttgart
© LEPEL & LEPEL Architekt Innenarchitektin PartG mbB, Köln
© netzwerkarchitekten GmbH, Darmstadt
© PASD Feldmeier + Wrede Planungsgruppe für Architektur, Städtebau und Denkmalpflege, Hagen| [f] landschaftsarchitektur gmbh, Solingen | FIN- Future is Now, Anif
© Scheidt Kasprusch Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin
© Swiatkowski-Suerkemper Architekten PartGmbB, Stuttgart